
Tatiana Apráez – Schmuck, der von Vulkanen, Wurzeln und Wegen erzählt
Tatiana Apráez stammt aus Pasto, einer Stadt im Süden Kolumbiens, die sich an den Fuß eines Vulkans schmiegt. Weit entfernt von den urbanen Zentren des Landes und eingebettet in die kühlen, mystischen Höhen Nariños, liegt hier der Ursprung ihrer künstlerischen Sprache. „Für mich ist Nariño meine Inspirationsquelle“, sagt sie, „es ist das, womit ich aufgewachsen bin und was jeder meiner Kreationen Leben verleiht.“
Dabei war der Weg zum Schmuck keineswegs vorgezeichnet. Tatiana studierte Ingenieurwesen in Bogotá – eine rationale Disziplin, die ihr zunächst die nötige Struktur verlieh. Doch irgendwann spürte sie eine Leere zwischen den Gleichungen. „Obwohl ich die technischen Fähigkeiten, die ich im Ingenieurwesen erlernt hatte, sehr schätzte, fühlte ich den Wunsch, etwas Kreativeres zu machen.“
Der Wendepunkt kam in Form einer Begegnung: Nuria Carulla – eine Grand Dame der kolumbianischen Schmuckkunst – nahm Tatiana unter ihre Fittiche. „Ich habe mich vollständig in dieses Handwerk verliebt“, erinnert sie sich an die Samstage, an denen sie Carullas Kurse besuchte. Aus Neugier wurde Leidenschaft, aus Technik wurde Poesie. Drei Jahre Studium an der Escola Massana in Barcelona folgten – dann kehrte sie zurück nach Kolumbien, im Gepäck: ein neuer Blick auf die Kunstform, die ihr zur Sprache wurde.
Seit über zwanzig Jahren fertigt Tatiana nun Schmuck, der in seiner Tiefe Geschichten erzählt. Geschichten von Landschaften und Liedern, von Texturen und Traditionen. „Die Märkte kleiner Dörfer, die mosaikartigen Felder, die sich entlang der Berge erstrecken… und vor allem die Menschen und ihre Musik“ – all das fließt in ihre Entwürfe ein.
Zentral in ihrer Arbeit ist die Technik Barniz de Pasto – ein pflanzlicher Lack aus der Region, der von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt wurde. Tatiana kombiniert ihn mit Tamo, einer Furniertechnik mit Gersten- oder Weizenfasern, und verarbeitet Materialien wie 925er Silber, beschichteten Stahl und von Hand bearbeitetes Holz. „Diese uralten Techniken sind nicht nur Mittel zum Zweck, sie sind selbst Ausdruck eines kulturellen Gedächtnisses.“
Die Entstehung eines Schmuckstücks ist ein Prozess voller Hingabe – mehrere Monate fließen in Skizzen, Prototypen, Materialstudien. „Wir verfeinern jedes Detail, bis es perfekt ist.“ Die enge Zusammenarbeit mit Werkstätten in Bogotá und Pasto – gewachsen über zwei Jahrzehnte – bildet das Rückgrat ihrer Produktion.
Besonders stolz ist Tatiana auf ihre Serie Urcunina, benannt nach dem Vulkan, der ihre Heimatstadt überragt. „Für uns markierte sie eine besondere Epoche in der Schmuckherstellung.“ Und obwohl sie viele Designer:innen bewundert, bleibt Nuria Carulla für sie die prägendste Stimme – „meine wichtigste Inspiration – sowohl als Person und Lehrerin als auch wegen ihrer makellosen, kraftvollen Arbeit.“
Tatianas Schmuckstücke sind keine bloßen Objekte. Sie sind Träger von Identität, Einladung zum Dialog. „Ich wünsche mir, dass die Menschen neugierig werden, wenn sie ein Stück tragen. Dass sie fragen: Woraus besteht es? Welche Geschichte erzählt es?“ In jedem Stück liegt der Versuch, Brücken zu schlagen – zwischen Herkunft und Gegenwart, Handwerk und Kunst, zwischen Tatianas Händen und der Welt.
Und vielleicht ist genau das die Essenz ihrer Arbeit: Schmuck nicht nur als Zierde zu begreifen, sondern als eine Form stiller Kommunikation. „Für mich ist jedes Stück, das unsere Werkstatt verlässt, eine Gelegenheit, jemandem das Wesen Nariños näherzubringen.“

Stöbere hier durch die Kollektion von Tatiana und finde dein neues Lieblingsstück.

Auf diesem Bild siehst du wie Tatiana zusammen mit einem Kunsthandwerker durch synchronisierte Bewegungen von Händen und Mund eine dünne Mopa-Mopa-Folie formt.